Schilddrüse – Medizinisches Glossar

Die Schilddrüse ist ein vergleichsweise kleines und doch enorm wichtiges Organ, dessen Auswirkungen auf Gesundheit und auch Wohlbefinden kaum überschätzt werden können – und die auch von Medizinern und Wissenschaftlern lange Zeit eher unterschätzt wurde. Eine optimal funktionierende Schilddrüse bemerkt man nicht, während schon kleine Fehlfunktionen, Störungen oder Erkrankungen massive Auswirkungen haben können. Sie befindet sich zwischen Kehlkopf und Luftröhre, von wo aus sie als Hormondrüse für die Bildung von Schilddrüsenhormonen sowie eines Peptidhormons und für die Speicherung von Jod zuständig ist.

Lebenswichtiges Organ: Diese Hormone bildet die Schilddrüse

Die Schilddrüse erfüllt, wie oben beschrieben, eine ganze Reihe von Funktionen. Die bekanntesten Schilddrüsenhormone, die von ihr gebildet werden, heißen Triiodthyronin (T3 ) und Thyroxin (kurz nur T4).  Beide Hormone können ausschließlich von der Schilddrüse gebildet werden, das Organ ist somit lebenswichtig für den Organismus. Können beide Hormone nicht mehr oder nicht in ausreichender Menge hergestellt werden, ist eine zusätzliche Gabe erforderlich, oft ein Leben lang. Das gilt auch für Patienten, denen die Schilddrüse ganz oder teilweise entfernt wurde.

Damit beide Hormone überhaupt gebildet werden können, ist Jod notwendig. Darüber hinaus wird auch das Hormon TSH oft als „Schilddrüsenhormon“ bezeichnet, obwohl es gar nicht dort, sondern in der Hirnanhangsdrüse gebildet wird. Der TSH-Spiegel im Blut oder Serum kann allerdings ein wichtiger Indikator für den Zustand der Schilddrüse sein und wird daher standardmäßig zur Labordiagnostik eingesetzt. Tatsächlich spielt das TSH-Hormon eine wichtige Rolle im sogenannten tyreotropen Regelkreis: So regt es unter anderem die Produktion der Schilddrüsenhormone an und kann somit in der Rückkopplung auch etwas über die Funktion der Schilddrüse aussagen.

Wichtig: Da die Stoffwechselvorgänge, die durch die Schilddrüse angeregt und reguliert werden, sehr komplex sind, kann die Bestimmung nur des TSH-Werts unter Umständen nicht aussagekräftig genug sein. Anders gesagt ist ein falsch negativer Befund möglich. Bei Stoffwechselerkrankungen wie Hashimoto (für nähere Details siehe unten) beispielsweise ist der Laborwert des TSH nicht selten normal, während dann womöglich erst die freien Schilddrüsenwerte ft3 und ft4 Hinweis auf eine Störung geben. Um eine autoimmune Schilddrüsenentzündung wie Hashimoto oder Morbus Basedow zu erkennen, sind die Schilddrüsenantikörper TRAK, oft auch TPO-AK und TGAK zu bestimmen. Diese werden nicht standardmäßig untersucht. Auch deshalb ist es sinnvoll, zur Diagnose einen erfahrenen Facharzt aufsuchen.

Erkrankungen und Störungen der Schilddrüse: Allgemeines

So komplex und bisweilen noch immer nicht abschließend geklärt die Vorgänge in der Schilddrüse sind, so vielfältig können ebendiese auch in ihrer Funktion geschwächt oder gestört sein, über- oder unterproduktiv. Auch kann es zu einer Vergrößerung (Kropf) oder Minimierung der Schilddrüse kommen. An dieser Stelle kann deshalb nur ein grober Überblick gegeben werden.

Um grundsätzlich funktionstüchtig zu sein, benötigt die Schilddrüse ausreichend Jod. Dieses wird unter anderem durch fetten Seefisch aufgenommen. Allerdings bietet der westeuropäische Speiseplan häufig nicht genug jodhaltige Lebensmittel: Deutschland galt in vielen Regionen lange Zeit als Jodmangelgebiet. In Folge dessen sind verschiedene Maßnahmen zur Gegensteuerung, wie die Jodierung von Speisesalz und anderen Lebensmitteln, ergriffen worden. Diese Maßnahmen sind Experten zu Folge sinnvoll gewesen, reichen allerdings trotzdem längst nicht immer aus. Umgekehrt gibt es allerdings auch Menschen, die offenbar empfindlicher auf Jod reagieren als andere. So steht eine Autoimmunkrankheit der Schilddrüse im Verdacht mit einer Überversorgung mit Jod. Die Meinungen von Experten gehen hier allerdings zum Teil gravierend auseinander. Auch deshalb ist es wichtig, dass sowohl Betroffene als auch deren behandelnde Ärzte den Krankheitsverlauf individuell beobachten und die Symptome und Veränderungen beispielsweise durch Medikamentengabe ernst nehmen. Überhaupt sollten neben der klinischen Diagnose (Laborparameter und Ultraschall) immer auch das körperliche und psychische Empfinden sowie die Krankheitsgeschichte im Fokus stehen.

Die Behandlung der Schilddrüse erfordert Fachwissen und Erfahrung. Die Therapie kann unterschiedlichste Maßnahmen umfassen: Die Gabe von Hormonpräparaten oder Jodtabletten, auch in Kombination miteinander, bis hin zur operativen Entfernung der gesamten Schilddrüse. Bestimmte Spurenelemente gelten ebenfalls als förderlich beispielsweise bei einer Autoimmunerkrankung. Je nach Diagnose kann auch eine Bestrahlung oder zum Beispiel eine Radiojodtherapie verordnet werden. Dabei sollten in allen Fällen auch die komplexen, möglichen Wechselwirkungen abgewogen werden.

Erkrankungen und Störungen der Schilddrüse: Fehlfunktionen

Zu den bekanntesten Formen der Erkrankung oder Fehlfunktion zählen Über- sowie Unterfunktion der Schilddrüse. Diese zeichnen sich durch eine zu geringe oder zu hohe Konzentration von Schilddrüsenhormonen im Kreislauf aus, was sich auf zahlreiche Weise bemerkbar machen kann. Typisch sind beispielsweise Gewichtszunahme oder – Verlust, Depressionen oder Manie, verringerte oder gesteigerte Sexualität, Nervosität, Zittern, beschleunigter oder verlangsamter Herzschlag und andere sein. Unter Umständen zeigen sich paradoxe Symptome, das heißt, dass eine Überfunktion auch Symptome einer Unterfunktion auslösen kann und umgekehrt. Hier steht zum einen eine Normalisierung des Hormonspiegels im Vordergrund, um die optimale Funktion der Organe wiederherzustellen. Darüber hinaus muss aber auch eine mögliche zu Grunde liegende Ursache, wie eine Erkrankung der Schilddrüse, untersucht werden. So ist die Überfunktion häufig Folge von Morbus Basedow, während die Unterfunktion durch Hashimoto-Thyreoiditis oder beispielsweise durch eine Radiojodtherapie hervorgerufen werden kann.

Erkrankungen und Störungen der Schilddrüse: Thyreoiditis, Autoimmunerkrankungen

Die Thyreoiditis oder Schilddrüsenentzündung ist ein Sammelbegriff für verschiedenste Entzündungen des Organs, zu denen auch die Autoimmunerkrankungen gehören. Dabei unterscheidet man zwischen akuten und chronischen Verläufen, außerdem zwischen schmerzhaften und schmerzfreien Formen sowie nach der Ursache: zwischen Entzündungen, die durch Erreger ausgelöst wurden, und solchen, in denen sich das eigene Immunsystem gegen die Schilddrüse richtet. Akute Schilddrüsenentzündungen beispielsweise können sowohl durch Bakterien als auch in Folge einer Strahlen- oder Radiojodtherapie hervorgerufen werden. Eine eitrige Thyreoiditis beispielsweise ist schmerzhaft, kommt aber relativ selten vor.

Zu den chronischen und zugleich bekanntesten Schilddrüsenentzündungen zählen die Hashimoto-Thyreoiditis und Morbus Basedow. Beide werden den Autoimmunentzündungen zugerechnet. Dabei bildet das Immunsystem Antikörper gegen die Schilddrüse, welche sich (allerdings erst bei entsprechend hoher Konzentration) auch im Labor nachweisen lassen. Bevor Veränderungen des Organs, beispielsweise in Form von Struma und Gewebeveränderungen, sichtbar werden, können Betroffene bereits deutliche Symptome spüren: Unwohlsein, Schwitzen, Zittern, Nervösität, Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Gewichtszu- oder Abnahme ohne erkennbaren Grund, Veränderung des Herzschlags und auch Veränderungen des psychischen Befindens sind allesamt mögliche Zeichen einer Schilddrüsenentzündung. Weil diese jedoch oft eher unspezifisch sind, denken viele nicht unmittelbar an eine solche. Je früher diese allerdings erkannt und behandelt wird, umso höher die Chancen auf Besserung. Ist die Schilddrüse durch die Antikörper bereits deutlich zerstört, wird die Regenerierung des Organs wie auch des Hormonhaushalts zunehmend schwieriger. In schweren Fällen kann auch eine vollständige Entfernung der Schilddrüse nötig sein, die dann eine Hormonersatztherapie erforderlich macht.

Erkrankungen und Störungen der Schilddrüse: Vergrößerung (Struma, Kropf)

Eine Vergrößerung der Schilddrüse wird als Kropf oder Struma bezeichnet. Sie kann unabhängig von anderen Erkrankungen vorkommen oder sekundär als Folge oder Begleitung dieser. Oft macht eine vergrößerte Schilddrüse schon Beschwerden, bevor sie äußerlich sichtbar wird: Typisch sind Schluckbeschwerden, Enge- und Kloßgefühl im Hals oder auch Heiserkeit. Häufigster Auslöser für die Struma ist Jodmangel. Sofern das Organ und der Hormonspiegel keine weiteren Auffälligkeiten aufweisen, wird zur Therapie in der Regel eine zusätzliche Gabe von Jod verordnet. Nicht selten geht die Vergrößerung auch mit der Bildung von Knoten oder Zysten (siehe nächster Punkt) einher.

Erkrankungen und Störungen der Schilddrüse: Zysten, Knoten und Schilddrüsenkrebs

Eine Veränderung des Schilddrüsengewebes kommt gar nicht so selten vor. Nicht immer ist dies allerdings Grund zur Besorgnis. Aufschluss über beispielsweise Knoten oder Zysten, also flüssigkeitsgefüllte Hohlräume, kann allerdings nur eine sorgfältige Untersuchung geben. Neben Farbdoppler-Ultraschall können weitere Maßnahmen wie eine Szintigrafie oder Biopsie notwendig werden. Dabei wird unter anderem überprüft, ob es sich um heiße, also hormonbildende, oder kalte Knoten handelt, und ob die Gewebeveränderungen gut- oder bösartig sind.

Bösartige Veränderungen werden als Schilddrüsenkrebs bezeichnet. Dabei gibt es verschiedene Typen, die wiederum je nach Patientengruppe wie Alter und auch Ethnie unterschiedlich häufig auftreten. Experten gehen davon aus, dass bis zu einem Drittel der Gesamtbevölkerung sogenannte Mikro-Karzinome der Schilddrüse aufweisen, die jedoch oft nie klinisch relevant werden. Bei entsprechender Größe ist selbstverständlich eine Behandlung notwendig. Die Therapie reicht von Bestrahlung bis zur chirurgischen Entfernung des Tumors oder bei Bedarf auch der gesamten Schilddrüse.

Warum die Schilddrüse oft ein Fall für den Facharzt ist

Die Funktionen, Wirkung und Wechselwirkung der Schilddrüse sowie ihrer Hormone sind komplex. In einigen Bereichen herrscht unter Fachleuten bis heute Uneinigkeit darüber, wie bestimmte Vorgänge zu bewerten sind und wann beispielsweise die zusätzliche Gabe von Jod empfehlenswert oder sogar kontraproduktiv ist. Auch können bisweilen schon kleinste Veränderungen der Hormon- oder Jodgabe Auswirkungen auf Körper und Wohlbefinden haben, die dann wiederum gegebenenfalls eine Anpassung erforderlich machen.

Die Erkrankung oder Störung der Schilddrüse gehört daher in jedem Fall in die Hände eines erfahrenen Facharztes, der sich auf dieses kleine Organ spezialisiert hat. In der Regel ist dies ein Facharzt für Endokrinologie, also einer, der sich mit Hormonen und Stoffwechsel beschäftigt. Jenseits der großen Städte ist es allerdings meist gar nicht so leicht, einen entsprechenden Arzt oder ein Praxiszentrum zu finden. Es kann empfehlenswert sein, zur Erstdiagnose einen entsprechenden Facharzt zu konsultieren, der dann Ergebnisse und Therapieempfehlung an den Hausarzt zur Weiterbehandlung gibt. Sollten regelmäßige Kontrollen über die üblichen Standarduntersuchungen hinaus nötig sein, so muss natürlich auch dies entsprechend koordiniert werden. Auch Nuklearmediziner sowie Internisten mit entsprechender Spezialisierung können die richtigen Ansprechpartner sein.

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