Sterilisation – Medizinisches Glossar
Der Begriff Sterilisation tritt in der Medizin zweideutig auf: Zum einen werden unter diesem Namen Verfahren zusammengefashst, die Gegenstände von jeglichen Mikroorganismen befreien. Diese sind dann, dem Begriff entsprechend, „steril“. Gleichzeitig werden unter diesem Namen auch Verfahren zusammengefasst, die zur Unfruchtbarkeit führen. Sterilisierungen von Männern oder Frauen werden heute zur Empfängnisverhütung und ausschließlich auf eigenen Wunsch durchgeführt. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts weltweit, noch danach zu Zeiten des Dritten Reichs und in wenigen Staaten bisweilen noch heute konnten diese jedoch auch zum Beispiel als strafrechtliche Maßnahme oder gar zur Unfruchtbarmachung politischer Gegner oder schlicht unerwünschter Menschen verwendet werden (Zwangssterilisierung). Auch deshalb haftet dem Begriff heute oft noch etwas Düsteres an, weshalb oftmals lieber die jeweiligen Eingriffe und Methoden direkt genannt werden.
Keimfrei oder steril? Die Sterilisation von medizinischen Instrumenten
Bei der Sterilisation werden Gegenstände, in der Praxis meist medizinische Instrumente, von jeglichen Mikroorganismen wie Bakterien, Pilzen, Viren befreit. Sie sind anschließend steril. Analog und meist umgangssprachlich wird auch der Begriff „keimfrei“ verwendet, wobei dieser nicht ganz korrekt ist: Denn als Keime werden Krankheitserreger, also lebende bzw. aktive Organismen bezeichnet. Eine Sterilisation hingegen meint die komplette Befreiung von jeglichen solchen Kleinstorganismen, auch in deren inaktiven bzw. Ruhezuständen oder Vorstufen (wie zum Beispiel Sporen bei Pilzen). Sie ist also nicht gleichzusetzen mit einer Desinfektion.
Eine hundertprozentige Sterilisation ist übrigens eher ein theoretisches Modell: In der Praxis funktioniert dies nicht immer. Faktisch spielt dies aber keine Rolle: Um eine Übertragung von Krankheiten und Erregern zu gewährleisten, reicht die medizinische Sterilisation (oder analog zum Beispiel auch die Sterilisation entsprechend gefährdeter Lebensmittel in der Nahrungsmittelproduktion) in aller Regel aus. Hierzu gibt es bestimmte Standards, die eine Maximalkonzentration noch vorhandener Mikroorganismen definiert.
Geräte zur Sterilisation medizinischer Gegenstände und Instrumente kommen in Arztpraxen, Laboren und natürlich in Krankenhäusern zum Einsatz. Neben der Sterilisation selbst muss dabei im Anschluss auch eine sterile Aufbewahrung gewährleistet werden. Hierzu stehen zum Beispiel spezielle Sterilisationsfolien sowie Folienschweißgeräte zur Verfügung.
Die Sterilisation selbst kann durch verschiedene Verfahren erfolgen: Physikalisch oder chemisch. Zu den physikalischen Verfahren zählen unter anderem thermische Methoden, bei denen der Gegenstand hocherhitzt wird. Dies kann wiederum trocken (Heißluftsterilisation) als auch nass (Dampfsterilisation) erfolgen. Weitere physikalische Möglichkeiten umfassen die Sterilisation zum Beispiel mittels Hochdruck oder Plasma. Bei chemischen Verfahren erfolgt die Sterilisation durch Hilfe spezieller Stoffe wie Formaldehyd oder Peressigsäure. Diese Methodik entspricht einer Gassterilisation und soll vor allem bei thermolabilen, also hitzeempfindlichen Materialien durchgeführt werden. Bei hitzebeständigen Gegenständen werden in aller Regel physikalische Verfahren bevorzugt.
Vasektomie: Die Sterilisation zur Empfängnisverhütung
Die zweite Bedeutung der Sterilisation meint die Unfruchtbarmachung. Somit handelt es sich hierbei grundsätzlich um eine Methode der sogenannten endgültigen, also in der Regel nicht mehr umkehrbaren Empfängnisverhütung. An die Einwilligung zu diesem Verfahren werden daher auch strenge Erfordernisse gestellt. Die Sterilisation selbst kann wiederum durch verschiedene Methoden erfolgen, wobei in allen Fällen die Samenleiter beim Mann bzw. die Eileiter bei der Frau durchtrennt oder abgebunden werden.
Beim Mann spricht man meist von einer Vasektomie. Diese kann ambulant unter örtlicher Betäubung durchgeführt werden, aber auch unter Vollnarkose. Die Unfruchtbarkeit tritt dann einige Wochen nach dem Eingriff auf und sollte in jedem Fall überprüft werden. Die Sterilisation der Frau ist aufwändiger und kann daher nur unter Vollnarkose durchgeführt werden. Mittels einer Bauchspiegelung werden die Eileiter hier entweder durch Hitze verödet oder mittels spezieller Clips abgeklemmt. Entsprechend ist der Eingriff bei Frauen deutlich kostspieliger als bei Männern. Die Krankenkassen haben die Sterilisation noch bis 2003 bezahlt, inzwischen hängt die Kostenübernahme von der medizinischen Indikation ab.
Gut zu wissen: Auch die Sterilisation macht nicht in 100% aller Fälle tatsächlich unfruchtbar. Der Pearl Index, der die Sicherheit von Verhütungsmethoden statistisch wiedergibt, lieht bei 0,1 bzw. bei bis zu 0,3 bei Frauen. Das bedeutet, das in diesem Fall 1 bis 3 Frauen von 1000 trotz Sterilisation schwanger werden.
Sterilisation: Nur auf ausdrücklichen Wunsch
Die rechtliche Situation der Unfruchtbarmachung umfasst strenge Auflagen. Grundsätzlich unterliegt die Sterilisation wie alle medizinischen Eingriffe der Voraussetzung zur Einwilligung des Patienten bzw. der Patientin. Bei sogenannten nicht einsichtsfähigen Personen, beispielsweise solchen, die einen gerichtlichen Vormund haben, darf eine Sterilisation nur nach sorgfältigster Abwägung und auch dann längst nicht immer durchgeführt werden. Auch dann darf der Eingriff in Deutschland niemals gegen den Willen einer betreuten Person erfolgen. Seit 2008 gilt hier außerdem auch in Deutschland das „Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung“, das eine Sterilisation auf Grund einer Behinderung rechtskräftig verbietet.
Ganz allgemein gilt die Sterilisation unabhängig der jeweiligen Betroffenen als letzte Option der Empfängnisverhütung. Sie wird auch bei voll einsichtsfähigen Personen nur dann durchgeführt, wenn die Kinderplanung eindeutig abgeschlossen ist. Als lediglich Alternative zur hormonellen oder manuellen Empfängnisverhütung darf sie nicht durchgeführt werden.
…oder doch nicht ganz endgültig? Die Refertilisierung
Die Sterilisation gilt als endgültige Verhütungsmethode. Trotzdem besteht zumindest theoretisch die Möglichkeit einer Refertilisierung, also einer erneuten Fruchtbarmachung. Hierbei werden die durchtrennten Samen- bzw. Eileiter wiederhergestellt. Dies geschieht durch Einsetzen eines kleinen Röhrchens namens Splint, das die Leiter ersetzt. Allerdings gibt es keine Garantie darauf, dass dies in allen Fällen gelingt. Zudem stellt die Refertilisierung selbst einen operativen Eingriff dar, der mit einigen Risiken verbunden sein kann. Insofern sollte die Aussicht auf Refertilisierung nicht als selbstverständlich angenommen werden – wer sich für eine Sterilisation entscheidet, muss damit planen, dass diese dauerhaft ist.
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